Meine Tage in der Hauptstadt Guineas sind abenteuerlich und inspirierend. Pheobe ist mir in diesem Molloch eine wertvolle Hilfe.

Unser Hotel liegt außerhalb der City, in der auch die Botschaft der Elfenbeinküste ist, wo ich meine Visa für die Weiterreise erhalten möchte.
Leider will kein Taxi in diese Richtung fahren, denn dort sind unzählige Staus und ebenso viele Polizeikontrollen. Weitere Gründe für die Unlust der Taxifahrer, ihren Job zu machen, fallen meiner Begleiterin und mir nicht ein.

Wir schnappen uns die gängigsten Fortbewegungsmittel in Conakry, zwei Motorradtaxis. Ich setze mich hinter meinen Fahrer, ziehe mir die Lesebrille als Schutz gegen Sand und Staub ins Gesicht und beginne dann um mein Leben zu fürchten.
In rauschender Fahrt ziehen wir durch den dichten Verkehr, in dem es keine Regeln zu geben scheint. Jede Fahrbahn wird benutzt, jedes Hindernis überholt und jede Polizeikontrolle übersehen. Wir brauchen etwa eine halbe Stunde, um die Botschaft zu erreichen und ich bin heilfroh noch am Leben zu sein und mit meinen ausgeruhten Nerven schon wieder am Ende.

In der Botschaft sind wir schnell abgefertigt, besser gesagt, schnell vertröstet. Durch das anstehende Wochenende erhalte ich meine Visa für die Elfenbeinküste erst am kommenden Montag. Also in vier Tagen. Erneut eine Zwangspause.

Die zwei Motorradfahrer haben auf uns gewartet und wieder rausche ich auf dem Rücksitz durch den Verkehr. Diesmal bin ich entspannter, habe Vertrauen in meinen Fahrer gewonnen und schaue mir das Treiben in der Hauptstadt genauer an.

Aus Dakar kommend, fiel mir schon auf der Transitroute auf, dass Guinea eine große Entwicklungsstufe hinter dem Senegal liegt. Auch dort gibt es unglaubliche und viel Armut, aber in den Städten und an den Straßen hat das Leben eine andere Qualität als in Guinea. Hier ist die Dritte Welt spürbar, während man sie im Senegal langsam schwinden sieht.
Auch hier gibt es Luxusschlitten, eingezäunte Villen und bessere Hotels, aber sie wirken unwirklich und deplatziert. Der Rest des Landes lebt in Einfachheit und in den Städten in Armut und Schmutz.

Die Menschen sind mir gegenüber höflich und vielen Kindern, besonders jenen auf dem Land, ist anzusehen, dass ich der erste Weiße bin, der ihnen begegnet. Ich bin ebenfalls nett und verteile fleißig meine magentafarbenen Luftballons an einige von ihnen.

Ansonsten langweile ich mich sehr.

Ich schreibe Emails, surfe auf Facebook und filme und fotografiere mit meinem IPad und der GoPro einige Szenen. Da ich jedoch lediglich an der Rezeption einen Internetempfang habe, sitze ich oft auf dem Sofa vor unserem Hotelzimmer und betrachte das Treiben im Innenhof oder draußen in der Gasse. Manchmal gehe ich mit Pheobe zu einem nahegelegenen Einkaufszentrum, hinter Mauern bewacht, wo auch einigen Restaurants und kleineren Geschäften angesiedelt sind. Dort trinke ich Bier und esse einen Hamburger, jedes mal.

Meist jedoch, ist Pheobe alleine unterwegs und stellt mir abends Menschen vor, die sie auf ihren Touren kennen gelernt hat. Fester, ein Liberianer, kommt öfter in unserem Hotel vorbei und wir trinken zu dritt Bier und erzählen uns gegenseitig aus dem Leben. Er ist ein sympathischer, grundehrlicher Mensch, der uns einige Tipps und Hilfe gibt. Pheobe bietet mir an, gegen meine Langeweile eine Frau zu suchen, sie würde auch das Zimmer für gewisse Stunden räumen. Ich wehre ab und sage ihr, dass mir eine Afrikanerin in meinem Bett genug ist.

Die meiste Aufregung erfahre ich in diesen Tagen, wenn ich mal wieder etwas Geld mit meiner Kreditkarte abheben möchte. Da hier nur jeder sechste Automat Geld ausspuckt, dies immer nur in kleinen Summen und täglich wechselnd, verbringe ich weitere abenteuerliche Fahrten auf dem Rücksitz irgendeines Motorrades.

Bei einer dieser Touren habe ich diesmal die GoPro-Kamera mitgenommen und halte sie an meinem Selfiestick über dem Verkehr oder knapp über dem Asphalt. Natürlich rauschen wir durch eine Polizeikontrolle und ich falle als filmender Weißer auf unserem Motorrad auf. Mein Fahrer ignoriert das Rufen der etwa zwanzig Polizisten, ebenso mein Klopfen auf seiner Schulter und fährt weiter durch den dichten Verkehr Conakrys, diesmal, um in der Botschaft der Elfenbeinküste meine Visa abzuholen. Es dauert keine zehn Minuten, dann haben uns zwei Polizisten auf ihrem Motorrad gestellt. Zu meiner Verwunderung interessieren sie sich nicht für mich, sondern schnappen sich meinen Fahrer und sein Motorrad und fahren davon, während ich ihnen am Straßenrand hinterher blicke. Ich gehe zu Fuß weiter, frage ein paarmal nach dem Weg und dann stehe ich vor dem Beamten, der mir erklärt, dass meine Frau schon das Visa abgeholt hat. Ich kann endlich lachen.
Ich bleibe vor der Botschaft stehen und warte auf Pheobe, denn wo sollte sie mich sonst suchen?

Kurze Zeit später kehrt sie zurück und schimpft fürchterlich mit mir, weshalb ich meinem Fahrer gestattet habe voraus zu fahren, anstatt im Zweier- Konvoi, und auf sie zu warten. Wieder muss ich lächeln, so sind sie halt, die Frauen.

Meine Tage in Conakry werden mir in Erinnerung bleiben, dies ist gewiss. Nun aber bin ich froh, dass ich meinen Pass wieder in den Händen halte und auch wieder Pläne im Kopf habe, die zwar anders aussehen als noch vor zwei Tagen, die mir jedoch gefallen und die es nun umzusetzen gilt.

Bis bald.