Ich schlafe sehr schlecht heute Nacht und wache oft auf. Ich entdecke eine Stechmücke, überlege ob ich sie jagen soll, aber entscheide mich dann dagegen. Ich töte nur, wenn ich essen will oder angegriffen werde. Wir schauen uns beide an und ich meine zu erkennen, dass auch die Mücke überlegt und eine Entscheidung fällt. Wir schließen einen Nichtangriffspackt. Ich schlafe wieder ein, erwache erneut und stelle fest, dass sich die Mücke nicht an unser Abkommen gehalten hat. Meine Hände, Beine und weitere Stellen an meinem Körper sind zerstochen. Ihr Pech und das ihres Partners, ich erledige beide mit meinem Handtuch. Ich wälze mich wieder in den Schlaf und dann ist auch endlich schon Frühstückszeit. Ich sehe schlecht aus, gleiche Frankensteins Hoffnung auf ein neues Gesicht. Ich habe Augenringe wie nach einem Vollrausch, nur dass ich seit Dahab nichts mehr getrunken habe, mein Hals schmerzt und mein Kopf pocht und hämmert. Das letzte Aspirin ist geschluckt und meine Erkältung ist noch nicht vorüber. Nun hoffe ich, dass es überhaupt eine Erkältung ist. Nach dem Frühstück geht es mir besser, ich gehe duschen und werde im Zimmer angerufen, dass mein Fahrer schon in der Lobby steht. Eine halbe Stunde zu früh, er scheint motiviert zu sein. Wir fahren an die Äthiopische Botschaft und da treffe ich sie fast alle wieder; meine Bekanntschaften von der Fähre nach Wadi Halfa. Wir begrüßen uns, dann gehe ich mit Martin an die Visastelle, während die anderen schon ein Visum für Äthiopien haben.

Ihr Problem ist ein größeres. Seit wenigen Tagen hat es eine Änderung betreffs der Einfuhr von Fahrzeugen nach Äthiopien gegeben. Sie müssen nun direkt beim Botschafter vorsprechen. Martin und ich plaudern angeregt, sodass ich mich nicht arg über die unfreundliche Dame an dem Visaschalter ärgere. Ich fülle die Papiere aus, zahle 20 Dollar, warte und erfahre zu meinem Leidwesen, dass ich morgen wiederkommen soll. Ein Tag länger in Karthum – für mich eine schlimme Botschaft. Martin ergeht es ebenso, ihm ist es egal, er ist froh wenn er überhaupt ein Visum erhält. Sein Problem: Er hat neun Jahre als Entwicklungshelfer in Äthiopien gearbeitet und nun will ihn keiner mehr im Land haben. Undank ist der Welten Lohn. Wir gehen zu Andy und Ariel, die im Vorraum des Botschafters sitzen und auf ein Gespräch warten. Ich tausche mit Ariel die Telefonnummer aus und überlege, ob ich das Angebot eventuell annehme, mit ihm und seinen Freunden gemeinsam nach Äthiopien zu fahren. Dafür müssen sie aber erst noch die nötigen Papiere für ihr Auto hier besorgen. Ob es klappt werde ich morgen erfahren. Ich verabschiede mich von den Jungs, dann steige ich wieder in mein Taxi und lasse mich zurück in das Hotel fahren.

Mein Fahrer ist mir heute unangenehm, denn entgegen sudanesischer Art, will er mich als Geschäftspartner für irgendwelche Sachen gewinnen, spaßt doppeldeutig, wie reich ich doch sei und verlangt zum Abschluss unserer Tour einen Preis, der über einen Tagesverdienst für hiesige Verhältnisse geht. Ich bin nicht zum Spaßen aufgelegt, denn er meint es ernst und versucht sein Glück bei mir, penetrant und dauerhaft die ganze Fahrt. Ich gebe ihm 50 Pound, statt den verlangten 60 – immer noch viel zu viel – und erkläre ihm, dass er morgen nur eine einfache Fahrt zur Botschaft bekommt. Ihn ganz absagen möchte ich nicht, denn die Fahrt für morgen, hatte ich ihm schon angetragen. Nun bin ich bedient.

Mein Hotel in Karthum

Plaza Hotel in Karthum

Ich flüchte in mein Hotelzimmer, lese Emails, trinke Wasser und Cola und schlafe zwei Stunden – dann geht es mir besser.

Ich wache auf, gehe duschen und verspüre einen Hunger. Ein gutes Zeichen. Die letzten Tage hatte ich nie Hunger, höchstens mal Gelüste auf Süßes. Ich gehe etwas spazieren, flüchte aber bald vor der Hitze in ein Straßenrestaurant. Die Hitze in Karthum ist besonders unangenehm, denn es fehlt jegliche Luftfeuchtigkeit für meine gereizten Schleimhäute. Ich gönne mir ein Hühnchen mit Reis, Zwiebeln und Gurken. Dazu einen frischgepressten Orangensaft mit viel Eis. Es wird mich schon nicht umhauen. Ich habe Lust auf einen Kaffee und setze mich zu einer Frau auf die Straße, die mit ihren Bechern, Gläsern und Döschen einen Kaffee auf einer Glut aufbrüht, der sagenhaft schmeckt. Überall sitzen diese Frauen an der Straße und mischen Gewürze in den Kaffee, sodass ein Geschmack entsteht, den ich nirgends zuvor je erfahren habe. Würzig, scharf und auch wieder süß. Was der Kaffee kostet erfahre ich hingegen nicht, denn ich sitze neben einem Reisebüro und werde von den Männern dort angesprochen und in das Büro auf Wasser, Kekse, alkoholfreies Bier und eben den Kaffee eingeladen. Mr. Ibrahim der Boss redet in einem angenehmen Englisch mit mir, ich habe nichts anderes vor, also erfreue ich mich an der Gesellschaft und den Gesprächen. Ein Guide des Büros zeigt mir auf seinem Computer verschiedene Filme von Reiseausflügen durch den Sudan, dann werde ich um meine Meinung gebeten und mit dieser halte ich prinzipiell nicht lange hinter dem Berg. Ich finde das Angebot gut und würde gerne solche Touren unternehmen, aber ich bin nur auf der Durchreise und nicht interessiert. Auch das Bild welches in Europa über den Sudan herrscht, teile ich den Männern mit. Es sind angenehme Gespräche und man trägt mir irgendwann die Distribution des Unternehmens für Deutschland und den deutschsprachigen Raum an. Ich würde wirklich gerne helfen, sehe nur gerade im Moment andere Prioritäten in meinem Leben. Eines jedoch verspreche ich Mr. Ibrahim und seinen Männern, dass ich den Sudan im Auge behalten werde und auch sein Reisebüro – dies meine ich ernst. Die Internetseite des Unternehmens für alle Sudan – Interessierten stelle ich hier schon mal online:  http://www.dotc-sudan.com/

Vielen Dank Mr. Ibrahim für Ihre Gastfreundschaft, die informellen Vorträge und dafür, dass ich etwas Zeit in Karthum angenehm verbracht habe.

Weitere Männer kommen in das Büro, Gespräche entstehen und ich sehe die Chance mich zu verabschieden. Ich gehe zu meinem Straßenhändler, kaufe Cola, Wasser und einen heimischen Energydrink. Dann flüchte ich wieder vor der Hitze in mein Hotelzimmer.

Nun sitze ich hier, schreibe meinen Blogartikel und werde diesen Raum auch nicht mehr verlassen. Es ist 18:00 Uhr nach sudanesischer Zeit und eine lange Nacht steht mir bevor. Wenn es denn nur endlich weiterginge. Ich hoffe auf Morgen.

Sollte ich morgen weiterreisen, dann kann es sein dass ich wieder für einige Tage offline bin. Wir werden es sehen – Inschallah – So Gott will.

Bis bald Ihr Lieben.