Meine erste Nacht in dem Zimmer, dass mir die Caritas zur Verfügung stellt, ist eine schweißtreibende. Es sind keine Alpträume, es ist schlicht die Hitze.

Der Raum, den ich bewohne, ist in einem Gebäude mit fünf anderen Zimmern in einer Reihe angelegt und liegt auf dem Caritasgelände neben den Büroräumen. In meinem Zimmer stehen zwei Betten, ein Stuhl, ein Ventilator, sowie eine Klimaanlage. In der Toilette finde ich eine Dusche mit kaltem Wasser, ein Waschbecken und einen europäischen Thron, welcher genauso sauber glänzt, wie der Rest des Zimmers. Ich fühle mich pudelwohl.

Der Wecker meines Handys begrüßt mich und den Tag gegen sechs Uhr Ortszeit.

Abbe Fulgence hatte mich gestern seiner Cousine Irene und ihrem Mann Phillipe vorgestellt und in ihrem Etablissement habe ich einen Termin mit Bonaventura ausgemacht, der mir den morgendlichen Fischmarkt in Ziniguichor zeigen will. Ich dusche unter dem erfrischend kalten Wasser, packe meine Filmausrüstung in den Rucksack und schlendere auf die Straße, um mir ein Taxi zu der verabredeten Ort zu nehmen. Keine fünf Minuten später bin ich da. Bona, so sein Kurzname, wartet schon auf mich.

Der Fischmarkt von Ziniguichor liegt gleich nebenan und mit meinem einheimischen Begleiter an der Seite, habe ich keine Hemmungen, ausgiebig das Szenario dort zu filmen. Ich ernte manchen unfreundlichen Blick, aber meist fühle ich mich unsichtbar, was ein angenehmes Gefühl für mich ist. Als Weißer bin ich hier keine Besonderheit, obwohl ich sonst kaum einen in dieser Stadt sehen werde.

Da ich Abends auf Irenes sechzigsten Geburtstag eingeladen bin, möchte ich als Geschenk einige Fische für das Mal erwerben. Für umgerechnet 7,50 Euro, bekommen Bona und ich sechs große Fische auf dem Markt in eine Tüte gepackt.

Stolz, gehe ich damit anschließend zurück ins Erobon Boudadi und freue mich über die Anerkennung, die ich bei Irene damit ernte. Dann setze ich mich an einen der Tische und beginne mit meiner Arbeit als digitaler Nomade. Ich schreibe meinen Blogbeitrag über die Reise nach Ziniguichor, aktualisiere Facebook und Instagram, kommuniziere via WhatsApp mit einigen Lieben in der Heimat und sichte endlich das Filmmaterial, welches ich seit Agadir gesammelt habe. Ich verbringe fast vier Stunden in diesem Freilichtbüro.

Nun ist mir gut. Ich fahre mit einem Taxi zurück zu meinem Zimmer in der Caritas und halte einen späten und ausgiebigen Mittagsschlaf. Gegen 19:00 Uhr klopft es an der Tür. Fulgence ist da und holt mich zum Geburtstagsessen ab.

Es ist ein familiärer Kreis in den ich aufgenommen werde. In der Küche sind einige Frauen am Werken und als Vorspeise genieße ich Riesen Gambas und Krakauer aus der Heimat, die Fulgence als Geschenk aus Landshut mitgebracht hat. Danach gibt es Fisch, Fleisch, Pommes, Salate und verschiedene Gemüsesaucen, die ich sehr genieße. Ich esse trotzdem nicht viel, denn ich möchte meinen Magen nicht an Völlerei gewöhnen. Noch bin ich auf Reise und da möchte ich über meinen Körper die Kontrolle behalten.

Phillipe schenkt mir immer wieder Rotwein nach und hier bin ich überhaupt nicht konsequent. Scheiß auf die Kontrolle.

Als jedoch Abbe Fulgence aufbrechen will und eine Dankesrede spricht, erkenne ich meine Chance und bitte ihn mich mitzunehmen und an meinem Domizil abzuliefern.

So endet ein wunderbarer Tag in Ziniguichor, an dem ich als Gast mich wohlfühlen durfte. Danke Abbe, Danke Irene, Danke Philippe und (last but not least) Danke Bona für diese Gastfreundschaft. Es ist mir eine Ehre.

Bis bald