Der Sonntag in Ziniguichor beginnt für mich mit einem Gottesdienst in der Kathedrale, in der auch schon Papst Johannes 2 gebetet hat.

Bona holt mich kurz vor neun Uhr in meinem Domizil bei der Caritas ab und wir trinken auf dem Weg zur Kirche einen Kaffee an der Straße. In kleinen Becher wird uns dieses starke und süße Getränk angeboten und ich zahle etwa 15 Cent für unsere zwei Wachmacher.

Die Kathedrale von Ziniguichor ist ein schwerbaufälliges Weltkulturerbe der UNESCO und lediglich der Mittelgang, ist für den Gottesdienst für Besucher geöffnet. Das Dach der Kirche ist mit einer riesigen Plane abgedeckt und wird nach der Regenzeit renoviert werden. Aber auch sonst, denke ich, sollte man das Gebäude generalüberholen.

Bona und ich haben uns eine Bank im vorderen Bereich ausgesucht und ich schließe die Augen, damit ich nicht in ein Gespräch verwickelt werde, während wir warten, bis die Kirche gefüllt ist und die Messe beginnt. Es ist der zweite Gottesdienst an diesem Morgen und wie auch der erste, so erzählt man mir, ist auch jetzt das Gebäude bis auf den letzten Platz gefüllt. Es werden vor uns sogar noch weitere Bänke hereingetragen, auf denen sich Kinder setzen.

Als es dann losgeht, brechen bei mir die Dämme. Ein afrikanisches Lied, begleitet mit Orgel und Trommeln, dazu Gesang eines vielstimmigen Chors, ich bin ergriffen und brauche einen Moment, bis ich die Fassung zurückgewonnen und die fließenden Tränen gestoppt habe. Ich blicke verschämt zu Bona, doch er scheint meine Gefühlswallung nicht bemerkt zu haben.

Der Gottesdienst wird von einem Pfarrer und einem Priesteranwärter geleitet, dazu acht Ministranten (sieben Mädchen und ein Junge) und einen weiteren jungen Mann, der bei den gemeinsamen Liedern, das Publikum dirigiert. Selbst ich stimme bei einem Kyrieeleison freudig mit. Die Sprache ist Französisch und ich erkenne einige Passagen der Liturgie, die international, in jeder katholischen Messe vorkommen.

Die Lieder des Chors gefallen mir sehr, wenn ich auch keine Tränen mehr vergieße. Es ist ein erhabener Morgen, den ich erlebe und ich bin dankbar dafür. Mit meinen Zweifeln und meinem ungläubigen Weltbild, fühle ich mich gelegentlich als Schwindler und fehl in dieser Menge, aber ich tröste mich damit, dass ich immer noch Katholik bin, wenn auch hauptsächlich auf dem Papier.

Nach der Messe gehe ich mit Bonaventura an einen Straßenstand, bei dem wir einen Lotteriezettel ausfüllen. Ich bezahle und küsse den Schein und wünsche mir, dass Bona den Hauptgewinn zieht. Er arbeitet an der katholischen Berufsschule und bekommt monatlich etwa 150 Euro Lohn ausbezahlt. Damit bezahlt er die Miete für seine Wohnung, das Essen für seine Familie und die restlichen Kosten des Alltags. Um etwas hinzuzuverdienen, kauft er die Sachbücher der scheidenden Schüler auf und verkauft sie an das nächste Semester mit einem kleinen Gewinn weiter.

Nun ist Mittag und wir gehen zum meinem Freilichtbüro bei Irene und Phillipe. Dort stelle ich einen Blogbeitrag online, dann wieder WhatsApp, Facebook und Co. Drei Stunden später ist diese Arbeit erledigt. Ich fahre zurück zur Caritas und halte einen angenehmen Mittagsschlaf. Durch den Regen am Morgen, bei dem ich patschnass geworden bin, ist die Temperatur gesunken und das Zimmer erträglich warm.

Der Schlaf ist ein kurzer und ich verbringe Zeit in meinem Zimmer, indem ich in Zirkuskind von John Irving lese. Hatte ich anfänglich noch Zweifel, ob des Buches, bin ich nun erneut gefesselt von diesem Autor. Seine Romane sind allesamt eindrucksvoll und auch diese Geschichte entwickelt ein aberwitziges Tempo und besticht durch seine grotesken Situationen und übertriebenen Protagonisten. Zirkuskind ist ein weiterer Gewinn in meiner Bibliothek.

Gegen 19:00 Uhr holt mich Abbe Fulgence ab und wir fahren zu einem katholischen Internat, wo er für einen Schüler der Mentor ist und sich informieren will, welche Schulbücher dieser noch benötigt. Dort lerne ich auch Pater Isidor kennen, mit dem ich einen kurzen Plausch halte. Anschließend, wieder ein kurzer Besuch bei Irene und Phillipe, dazu etwas Rotwein.

Nun spüre ich den Hunger, denn ich habe den ganzen Tag noch nichts gegessen. Ich bitte Fulgence, mich noch bei dem Straßenrestaurant abzusetzen, wo wir unser köstliches Steak gegessen haben. Er leistet mir Gesellschaft und erneut genieße ich den bekannten Teller mit Fleisch, Pommes, Salate und Saucen. Dazu trinke ich diesmal zwei Bier.

Bei diesem Mahl, erzähle ich nun auch dem Abbe meine Geschichte und den Hintergrund meiner Reise, so wie ich ihn sehe. Er zeigt Mitgefühl, ist aber auch etwas erleichtert, denn nun kann er sich ein Bild über mich und meine Reise machen. Ich fühle mich nach diesem Gespräch sehr erleichtert und mein Bauch gefüllt.

Ich bezahle und lasse mich von Abbe Fulgence zurück in die Caritas fahren. Es war ein weiterer schöner Tag in Ziniguichor.

Bis bald