Moctar Dieng ist etwa dreißig Jahre alt, ehemaliger Fußballspieler im Senegal und heute mit einer offiziellen Lizenz der FIFA als Trainer tätig. Jedoch bedeutender und hilfreich für mich, er wohnt in Rosso und ist fast jedem an der Grenze bekannt.

Er klopft gegen acht Uhr an die Tür meines Hotelzimmers, wo ich schon bereit für den Tag, auf ihn warte. Assad, ein junger Senegalese, wird ebenfalls von ihm abgeholt, auch er muss über die Grenze und anschließend nach Dakar.

Wir steigen in ein Taxi, dass uns in dem Getümmel dieser Grenzstadt, direkt an den Übergang bringt. Ich filme heimlich aus dem Auto heraus dieses unglaubliche Szenario und fühle mich in den Abgrund einer Hölle geschickt. Menschen, Tiere, Autos, Bretterbuden, Schlamm und Dreck – Rosso ist ein Moloch. Ich weiß nicht, wie ich ohne meinen Helfer, aus Mauretanien raus und in den Senegal gefunden hätte.

Moctar wechselt mein Bargeld, bringt mich durch den mauretanischen Zoll und, was noch wichtiger, hält mir tausend andere Menschen vom Leibe, die mir ihrerseits Hilfe anbieten wollen. Auch für Assad tut er das gleiche. Zu dritt fahren wir mit der Fähre über den Grenzfluss und auch auf der anderen Seite, hilft mir mein Freund durch den Trubel und über die Grenze. Ein Polizist will dort irgendeine Bescheinigung und als ich ihn nicht verstehe, schickt mich Moctar vor die Türe und fünf Minuten später ist die Angelegenheit erledigt und ich stehe im Senegal.

Assad und ich verabschieden uns herzlich von unserem Helfer, dann steigen wir auf einen Karren, der von einem bemitleidenswerten Esel gezogen wird und fahren durch das Rosso des Senegal, zu einem Sammelplatz, an dem PKWs als Taxis auf ihre Fahrgäste warten.

Dort übernimmt der junge Assad das Zepter und wenig später sitze ich in einem verbeulten Peugeot. Der Fahrer wartet noch auf weitere Gäste, die er mitnehmen kann und so überbrücke ich die Zeit, indem ich bettelnde Kinder, die ihre Hände in das Auto strecken, verscheuche. In ihrer Hand halten sie einige Münzen und ich erlaube mir den Scherz, nehme ihr Geld und bedanke mich überschwänglich und mit rollenden Augen. Sie reagieren, wie es Kinder tun. Nach anfänglich, ungläubigem Staunen, wird ein großer Spaß daraus. Andere Kinder kommen und auch denen nehme ich ihr Geld ab, während die zuerst Geleimten, sich darüber köstlich amüsieren. Wir lachen zusammen und keines der Kinder denkt in diesen Minuten mehr ans Betteln.
Dann fahren wir los.

Was soll ich nun schreiben? Wieder 450 Kilometer, eingezwängt, in der Mitte des Rücksitzes. Wieder vorbei an Armut und Müll.

Lediglich die Landschaft und die Menschen ändern sich. Der Senegal ist wasserreich und verfügt über eine wunderschöne Flora. Die Menschen sind ebenfalls nicht reich, aber ich bewundere die Schönheit der meisten Senegalesinnen und die bunten, anmutigen Kleider, mit denen sie am Straßenrand sitzen.
Die Angebote an den Ständen und Geschäften werden vielfältiger und ich sehe Früchte aller Art, verschiedene Nüsse, Handwerk und andere Waren, die man uns bei Stopps anbietet.

Kuhherden passieren oft die Straße und zwingen uns zum Halten und hin und wieder, liegt eines der Tiere verendet am Straßenrand, wahrscheinlich weil ein Fahrer nicht schnell genug bremsen konnte. Zum Ausgleich säumen auch Autowracks die Strecke.
Wir kommen leidlich voran und nach zehn Stunden, endlich, hat diese Fahrt ein Ende. Leider ist in Dakar das Reisen noch nicht vorbei. An unserem Ziel verabschiede ich mich von Assad und den anderen Fahrgästen. Auch auf dieser Fahrt hatte ich radebrechende Gespräche mit angenehmen Menschen. Ich suche mir einen Taxistand und streite mit sämtlichen Fahrern, denn sie wollen einen höheren Preis, als mich die 450 Kilometer von Rosso hierher gekostet haben. Letztendlich erringe ich einen Teilsieg und fahre nochmals eine Stunde in die Stadt hinein, denn der Verkehr in Dakar ist ein einziger Stau.

Irgendwann bin ich erlöst. Wir halten vor einem bezahlbaren Hotel und ich erlebe eine positive Überraschung. Ein tolles, großes, sauberes Zimmer, mit Balkon und Wifi, dazu unglaublich freundliche Menschen empfangen mich.
Ich schmeiße meinen Koffer in die Ecke und gehe nochmals vor die Tür, mir zwei Cola und zwei Flaschen Wasser zu besorgen. Zurück auf meinem Zimmer, wieder Facebook und WhatsApp und wieder die Erkenntnis, dass das WiFi in Afrika launisch ist. Mir fällt auf, dass ich den zweiten Tag in Folge nichts gegessen habe. Morgen, so nehme ich es mir vor, ehe ich in einen traumlosen Schlaf falle.

Bis bald.