Vor einigen Wochen erschien im Spiegel Nr.14 ein Essay von Karen Duve mit dem Titel “Welt ohne Gott”.

In diesem “Plädoyer wider den Glauben” schrieb Sie hochintelligent und ironisch-provokativ gegen den “Irrglauben der Gläubigen”. Ich las diesen Essay und fühlte mich auch sogleich inspiriert, der Autorin zu widersprechen. So logisch der Artikel aufgebaut war, er fühlte sich für mich naiv-falsch an, natürlich.

Zur Erinnerung: Wir haben uns auf diesem Weblog darauf geeinigt, dass es “Gott” gibt.

Besonders ein Absatz Ihres Essays (Seite 143) hatte meinen sofortigen Einspruch provoziert. Karen Duve schreibt: “Einen Beweis für gütiges göttliches Einschreiten sahen viele Menschen zum Beispiel darin, dass kurz nach dem verheerenden Tsunami vom 26.12.2004 ein lebendes Kleinkind auf einer Luftmatratze im thailändischen Khao Lak angespühlt wurde. Das beweist aber höchstens, dass Logik nicht die Stärke der Gläubigen ist. Wer Gott für die glückliche Ausnahme dankt, ohne ihn für den Tod jener 210000 Menschen verantwortlich zu machen, die beim Tsunami elend verreckt sind, benimmt sich wie ein Kind…”

“Well roard Lion.” Aber ist ein Tsunami-Wunder so unlogisch?

Ich persönlich glaube, dass die Kommunikation mit den Göttern, der Glaube überhaupt, über unser Stammhirn funktioniert. In unserem ältesten Gehirn, da wo Kalt & Heiß, Liebe & Hass, Flucht & Angriff gesteuert werden, dort sitzt vielleicht auch unser Teleskop für “Göttliches”. Die Autorin hat Argumente ins Feld geführt, die aus ihrem Großhirn stammen. Argumente, so sonnenklar, aber deshalb auch richtig? Greife ich auf eine heiße Herdplatte, dann ziehe ich meine Hand zurück, weil ich dem Befehl meines Stammhirns vertraue. Ich frage nicht erst im Großhirn nach, ob ich alternativ erst einmal die Temperatur runter drehen sollte? Vielleicht müssen wir auch einfach akzeptieren, dass unser Großhirn für manches einfach zu blöd ist. Es kann uns zwar erklären, warum der Blitz in einen Baum fährt. Aber es bleibt stumm bei der Frage, warum manche Blitze halt eben auch neben dem Baum, auf das Feld einschlagen. Aber ich schweife ab.

Als “Advocatus Diaboli” möchte ich Karen Duve in der gleichen “Kommunikationsebene” begegnen und nutze daher ebenfalls mein Großhirn, um ihr zu widersprechen.  Kann ein Tsunami-Wunder logisch sein? Ich denke: Ja klar – sehr wohl.

Nehmen wir das Bildnis eines “liebevollen Gärtners”. Er liebt seinen Garten, seine Felder – er liebt die Natur. Für die Flora und Fauna in seinem Reich ist er Gott gleich. Jedes Jahr sät er, pflanzt, beschneidet, hängt Nistplätze für Vögel aus, schichtet Steinhaufen für Eidechsen zum Sonnenbaden  … er hegt und pflegt sein persönliches “Eden”. Aber er muss auch richten. Berüchtigt sind des Gärtners Massaker unter den Schnecken, dem Unkraut und manchem Pflanzenbeet, dass als “Grillecke” neu geplant wurde oder in dem Schädlinge die Pflanzen befallen hatten. Völkermord und Zwangsumsiedlungen sind in einer Gartenanlage ständige Geschehnisse.

Aus eigener Erfahrung weiß ich nun, dass vergleichbare “Tsunamiwunder”  in einem Garten sehr oft vorkommen. Wird ein Blumenbeet “umfunktioniert” kann es sein, dass die Vernichtung der Pflanzen der einfachste und schnellere Weg ist, um neues Leben zu erschaffen oder Platz für andere zu machen. Die Pflanzen die es betrifft, werden die Gründe nie erfahren, auch nicht, dass ihre Art in einem anderen Beet weiter existiert. Ohne selbst zu wissen, warum gerade diese Blume oder jene, kann es sein dass der Gärtner einige wenige Blumen, wahllos aus dem Beet ausgräbt, sie aufpäppelt und sie umpflanzt. Der große Rest der Blumen jedoch stirbt oder lebt auf dem Komposthaufen noch eine kleine Spanne weiter. Die geretteten Blumen hingegen, stehen in der besonderen Obhut des Gärtners und erfreuen sich eines unerklärlichen Wunders.

Erkläre ich hiermit die Schrecken und das Wunder von dem Tsunami 2004? Nein wer bin ich denn. Aber ich erkläre, dass Menschen wie Karen Duve nicht immer nur nach der Logik suchen sollten.

Ich stelle mir Gott manchmal als “liebevollen Gärtner” vor – dies wäre logisch.