Ich erwache gegen 06:00 Uhr lokaler Zeit. Bin wohl zu früh ins Bett gegangen. Ich gehe frühstücken und betrachte das Geschehen in meinem Hotel. Es tummeln sich weitere Europäer in dem Frühstücksbereich,  Deutsche, Italiener, Franzosen und andere, die ich an den Sprachen nicht erkenne. Ich bin hier ausnahmsweise mal der Jüngste. Wir sind in einer anderen Welt. Hier ist Europa spürbar. Die Ungeduld wenn der Kaffee leer ist, das Gedränge am Buffet, die Art wie mit dem Personal gesprochen wird – hier bin ich in der Ersten Welt und ich fühle mich sogleich zuhause. Ich schubse ebenfalls bei den Eiern, lade mir den Monatsverbrauch einer durchschnittlichen Äthiopischen Familie auf den Teller und fahre beim Frühstücken meinen Laptop hoch, lese meine Informationen über Addis, die ich von meinen polnischen Weggefährten als Download bekommen habe.

Heute bin ich wieder Soldat, statt Pilger und ich verhalte mich wie ein Maulwurf, der nicht aufgedeckt werden möchte. Ich will meine Weiterreise organisieren, Geld abheben und wenn möglich, Wäsche waschen. Das Hotelpersonal ist freundlich und in allen Aufgabenstellungen überfordert. Ich rufe ein Taxi, dann mache ich mich auf, um das Nötige anzugehen. Ich fahre einige Banken ab, bis ich endlich an einem Geldautomat im Sheraton Hotel Glück habe. Der erste Versuch am zweiten Automaten in dem Hotel gibt tatsächlich Geld aus.

Sheraton in Addis

Hotel In Addis Abeba

Viele Automaten in Äthiopien geben kein Geld ab, sind nicht funktionsfähig. Vielleicht steckt dahinter Kalkül, denn wenn ich Geld am Schalter abhebe, kommen weitere 2,5% Gebühr hinzu. Für mich jedenfalls, ist es eine nervenaufreibende Arbeit, bis ich endlich meine Geldscheine in der Hand halte. Diese Mission hat mich eine Stunde und etwa 10 Euro Taxipreis gekostet. Ich denke wieder an die Vorzüge eines Travellerschecks und bin froh um meine letzte Reserve, die ich heute aber nicht angreifen muss. Dann fährt mich mein Taxifahrer eine weitere Stunde in der Stadt herum, bis wir den Busbahnhof finden. Ich fahre morgen früh gegen 06:00 Uhr nach Moyale an die Kenianische Grenze. Leider ist es kein Skybus wie auf meiner letzten Fahrt, was bedeutet dass ich in einem bunten Vehikel fahre, mit dem die hiesigen Schutzengel ihre Meisterprüfung absolvieren. Ich hoffe, dass meine Schutzengel diese 741 Kilometer in den Griff bekommen. Ich lasse mich zurück zu meinem Hotel fahren, bedanke mich bei meinem Fahrer und verpflichte ihn für den morgigen Frühdienst, er soll mich um 05:00 Uhr an der Hotelrezeption abholen. Seine Augen strahlen, er ist mir was schuldig.

Nun sitze ich in einem Restaurant, esse Pizza und trinke Bier, bereite mich damit für einen Mittagsschlaf vor. Anschließend werde ich meine Internetarbeiten erledigen, mindestens viermal Duschen und früh in das Bett gehen. So plane ich. Ich muss dabei lachen, denn es ist hier gerade erst 14:00 Uhr. So schön die Äthiopische Hauptstadt sein mag, ich bekomme es nicht mit. Ich bin ein Soldat auf Durchreise. Ich habe noch etwa 3.500 Kilometer bis zu meinem Ziel. Meinem „Target“. In Moyale kann sich das wieder ändern, denn dort werde ich eine Pause für die Wäsche und den Grenzübergang einlegen müssen. Vielleicht kann in dieser Grenzstadt wieder aus dem Soldaten ein Pilger werden. Ich würde es mir wünschen.

Nun ist es 16:00 Uhr lokaler Zeit. Ich werde mein Zimmer voraussichtlich gegen 04:45 Uhr wieder verlassen. Ein Taxi wird mich erwarten, dessen Fahrer ein liebenswürdiger Mensch ist, der mich heute durch alle Bemühungen begleitet hat, ein Ticket zur kenianischen Grenze zu erstehen und auf den ich mich verlasse.

Addis, es war ein kurzer Besuch – ich habe mich dennoch hier wohl gefühlt. Auch wenn ich fast nichts von dieser Stadt gesehen habe.