Nun weiß ich wo ich bin.

Mein Tag in Nouadhibou beginnt mit einem Kaffee, den mir der Rezeptionist des Hotel Tigris auf der anderen Straßenseite besorgt und mir auf mein Zimmer bringt. Es ist kurz nach sieben Uhr in der Früh und ich habe wunderbar geschlafen.

Ich fahre den Computer hoch, da ich auf ein Lebenszeichen von Louis via Facebook warte. Er ließ sich gestern von einem Einheimischen abholen, den er über Couchsurfing kontaktiert hat und bei dem er übernachten kann. Ich nehme mir vor, mich bei Couchsurfing auch wieder registrieren zu lassen. Er meint es funktioniert.

Die Zeit vergeht leidlich und endlich macht das Restaurant unter dem Hotel auf, sodass ich einen zweiten Kaffee und etwas zum Frühstücken erhalte. Hier habe ich zwar einen noch schlechteren Empfang, aber für eine Meldung von Louis wird es reichen. Nur kommt sie nicht. Leider haben wir beide unsere WhatsApp-Nummern nicht getauscht, sodass ich für die Kommunikation mit ihm, auf FB angewiesen bin.

Ich beschließe etwas Sinnvolles zu tun und schreibe, mir bekannte Menschen und Firmen an, die ich als weitere Unterstützer auf meinem Werbebanner gewinnen will. Meine bisherigen Sponsoren haben dafür gesorgt, dass ich aufbrechen kann, nun möchte ich das Banner weiter füllen. Auch heute, wende ich mich zuerst an jene, die ich persönlich kenne und die ich gerne auf meiner Reise dabei hätte. Noch sind 21 Plätze frei.

Kurze Eigenwerbung:

Für den Fall, dass ich jemanden vergesse, der gerne sein Logo mit mir auf Reise schicken möchte: Die Kosten sind hierfür einmalig 350,00 Euro und Du unterstützt damit meine Reise und meine Arbeit als Schreiberling, Filmemacher und Menschenfreund. Ich würde mich sehr freuen und natürlich bin ich auch erleichtert, wenn das Banner gefüllt ist und ich mich wieder auf meine kreativen Verpflichtungen konzentrieren kann. Danke

Nachdem ich etwa zwei Stunden mit meiner Akquise verbracht habe, gehe ich wieder auf mein Hotelzimmer und sichte das Film und Bildmaterial, welches ich bisher in Mauretanien aufgenommen habe. Es ist ernüchternd. An der Grenze wagte ich nicht die Kameras in die Hand zu nehmen und mein Material vom No Mans Land ist überschaubar. Den einzigen tollen Clip, den ich über zwei Teeverkäufer zwischen Müll und Autowracks filmte, musste ich, vor ihren Augen löschen, sie ließen sich nicht einmal mit Geld überreden. Dafür haben sie meinen Respekt.

Auch diese Arbeit ist irgendwann getan und noch immer erhalte ich kein Lebenszeichen von Louis. Ich schreibe ihn noch einmal an, ob ich die Polizei rufen soll? Was für eine tolle Idee? Wenn er Probleme hat, wird er sicherlich nicht darüber auf Facebook schreiben können. Aber es ist mir in diesem Moment ernst, denn wir wollten den Tag zusammen verbringen und gemeinsam unsere Zugfahrt in die Sahara planen. Nun ist es kurz nach zwölf Uhr und ich müsste auch aus dem Hotelzimmer raus oder um eine Nacht verlängern.

Der Hotelbesitzer Cher, ein Senegalese, beruhigt mich und meint ich könne auch später abreisen. Dies führt mich zurück an meinen Laptop und an weitere Arbeiten, die ich noch erledigen will. Leider gibt das Internet nun ganz auf. Ich breche meine Recherchen im Netz ab, hoffe auf eine neue Verbindung und lese stattdessen auf meinem Bett ein Buch, welches mich seit Agadir leidlich fesselt. Irgendwann schlafe ich ein.

Drei Bücher hatte ich mir bei einem Freiburger Antiquitätenhändler vor der Reise gekauft, an dessen Auslegeware ich geschmökert habe. Dies waren Das Mädchen seiner Träume von Donna Leon, Der unendliche Plan von Isabell Allende, sowie Zirkuskind von John Irving.

Als erstes Buch auf dieser Reise, las ich den Brunetti-Roman von Donna Leon, wohl aus melancholischen Gründen, weshalb ich dieses Buch eher durchackerte als genoss. Die Kriminalgeschichte berührte mich nicht und war wenig spannend. Aber das sind ihre Bücher selten, dafür verzaubert sie mit Stimmungsbilder über einen Kommissar in der Lagunenstadt Venedig. In Essaouria war der Fall gelöst, naja zumindest war die Geschichte vorbei und ich konnte mit einer anderen abschließen.

Bei der Schriftstellerin Isabell Allende ist es ihr Schreibstil, der mich immer wieder fesselt und so war ich enttäuscht, dass ich auch zu diesem Buch erst keinen Zugang fand. Aber auf sie ist halt Verlass und irgendwann hatte sie mich. Die Erzählung packte mich und ich konnte mich selbst in einem ihrer Protagonisten teilweise wieder erkennen. Der Roman ist nicht ihr Meisterwerk, aber am Ende war ich traurig, dass die Erzählung vorbei war. Das ist immerhin etwas.

Nun also Zirkuskind von John Irving, den ich für seine Bücher Owen Meany, Garp und wie er die Welt sah, sowie Das Hotel New Hampshire bewundere und liebe. Er ist Gewöhnungsbedürftig und ich musste ebenfalls mehrere Seiten, seiner ausschweifenden Geschichte lesen, bis sie mich mitnahm. Aber das tut sie jetzt.

Warum schreibe ich über diese Bücher? Natürlich weil mir langweilig ist, während ich auf ein Lebenszeichen meines neuen französischen Freund warte. Aber auch, weil ich glaube, dass manche Bücher mir dann begegnen, wann sie es sollen.

Es ist Nachmittag und ich bezahle das Hotelzimmer für eine weitere Nacht. Ich lasse mir den Weg zu einer Stelle zeigen, wo ich mein Busticket nach Nouakchott erwerben kann und schlendere mit diesem Ziel los. Das Wetter ist heiß und ein warmer Wind bläst mir Sand ins Gesicht. Mir kommt passenderweise Windy Town von Chris Rea in den Sinn und ich singe den Refrain im Kopf vor mich hin, während ich durch die armseligen und vermüllten Straßen streife.

Zwei Blocks weiter erreiche ich das Gebäude, wo ich mein Ticket in die mauretanische Hauptstadt erwerben will und die nette Schwarze am Schalter schockiert mich, denn sie will 6000 Ouguiya für die Fahrt. Dies wären über 70 Euro und ich frage mehrmals nach, aber sie besteht auf diesem Preis. Ich bin schockiert und endlich löst sich das Rätsel. In Mauretanien wird verbal eine Null hinzugefügt und die 6000 Ouguiya sind letztendlich nur 600.

Ich bezahle die Überfahrt für den morgigen Tag, wir scherzen noch eine Weile, dann ziehe ich wieder durch die Stadt, die ich nicht besser kennen lernen möchte. An einem Ende angekommen, stehe ich an einer Mauer und betrachte dahinter die endlose Sandwüste. Heimlich ziehe ich manchmal die Kamera heraus und filme etwas von dem Treiben, aber es zieht mich zurück in mein Hotel. Mir ist genug.

Dort angekommen, liegt ein Zettel von Louis mit der Nachricht, dass er bisher über kein Internet verfügte und nun eine Stunde auf mich im Restaurant gewartet habe. Na, wenn das kein Schicksal ist. Wir müssen uns knapp verpasst haben. Später werden wir uns auf Facebook Glück bei der Weiterreise wünschen und hoffen, uns wieder zu begegnen.

Nun ist es 21:06 Uhr Ortszeit und erneut durfte ich das Hähnchen, mit Reis und Salat von Oman in seinem Restaurant genießen. Heute war der Salat zusätzlich mit einem schmackhaften Dressing angemacht, auch das Hähnchen schien mir größer.

Ich werde gleich diesen Blogbeitrag finalisieren und online setzen. Dann packe ich den Koffer und versuche, trotz Mittagschlaf, schnell einzuschlafen. Morgen geht es früh weiter, der Wecker ist schon auf sechs Uhr gestellt.

Bis bald.